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Warum ohne digitalisierte Dokumentenverarbeitung gar nichts geht

In seinem dritten Blogbeitrag erklärt unser CDO Jan Kekeritz, wie mit der Digitalisierung der Eingangspost die Grundlage für die weitere digitale Bearbeitung von Krankenkassenvorgängen geschaffen werden kann.


Digitale Eingangspost als Grundlage der digitalen Bearbeitung von Vorgängen

Leider kommunizieren Versicherte in den allermeisten Fällen noch immer per Post mit ihrer Krankenkasse. Warum leider? Weil Post im Vergleich zu elektronischer Kommunikation extrem unstrukturiert ist und einen hohen Mehraufwand in der Weiterverarbeitung mit sich bringt.

Eine E-Mail beispielsweise hat einen eindeutigen Absender (zumindest technisch), einen vom Absender definierten und abgrenzbaren Betreff und einen vom Absender definierten Empfänger. Darüber hinaus liegt der Inhalt der E-Mail bereits in elektronischer Form vor, muss also nicht erst digitalisiert werden. All das ist bei klassischer Briefpost anders.

So ist der Inhalt eines Briefs durch einen Briefumschlag geschützt. Zum Verteilen von Schreiben mit ggf. sensiblem Inhalt in der Firma sind Umschläge praktisch. Die Eingangspost kann zentral vorsortiert und auf Schreibtische oder in Postfächer verteilt werden, ohne dass der Inhalt der Briefe allgemein zugänglich gemacht wird. Denn für diese Bearbeitungsschritte sind die von außen ersichtlichen Empfängerinformationen ausreichend. Was nun folgt, ist allerdings in Zeiten des Fachkräftemangels und zunehmender Anforderungen von Versicherten im Hinblick auf eine zeitnahe Bearbeitung ihrer Anliegen wirtschaftlich kaum noch zu vertreten: Die hochqualifizierten Sachbearbeitenden der Krankenkassen nutzen ihre wertvolle Zeit nun nicht, um ihre spezialisier-ten Kenntnisse im Sinne der Versicherten einzubringen. Stattdessen öffnen sie Briefe und tippen Informationen manuell ins System, bevor sie mit der eigentlichen Bearbeitung beginnen können.

Die Alternative ist eine Massenverarbeitung der Eingangspost. Diese entlastet die Sachbearbeitenden und gibt ihnen die Möglichkeit, sich fokussiert auf ihre Kernaufgaben zu konzentrieren. Denn nun werden ihnen diverse Aufgaben abgenommen. Schauen wir uns das einmal genauer an.

Schritt 1: Vorbereitung der Dokumente

  • Die Eingangspost wird manuell grob nach Größe in Stapel à ca. 100 Briefe vorsortiert.
  • Anschließend werden die Briefe maschinell geöffnet.
  • Danach wird ihr Inhalt von Hand entnommen und geglättet.
  • Ein revisionssicherer Posteingangsstempel wird aufgebracht.
  • Zwischen zwei Briefen ist jeweils eine Brieftrennung erforderlich – dies erfolgt üblicherweise in Form eines Brieftrennblatts mit Barcode. Erst danach liegen die einzelnen Briefe für die weitere Verarbeitung verwertbar vor.

Diesen Teilprozess nennen wir Dokumentenvorbereitung.

 

Schritt 2: Scannen der Dokumente

Nun werden die Stapel digitalisiert. Auch dieser Prozess umfasst mehrere Teilschritte:

  • Die vorbereiteten Stapel werden beidseitig gescannt. Dabei trennt die Software die Briefe automatisiert auf Basis des Brieftrennblatts.
  • Eine revisionssichere Signatur wird aufgebracht. Damit werden die Dateien dem physischen Original juristisch vollständig gleichgesetzt.
  • Entsprechend der gültigen Regelungen des BSI (TR-Resiscan – auch Ersetzendes Scannen) geschieht all dies unter hohen Sicherheitsauflagen. Dabei werden u. a. 3% aller Seiten manuell auf korrekte digitale Übernahme kontrolliert.
  • Die Originale werden kurzzeitig eingelagert, falls ein Versicherter ungewollt wichtige Dokumente mitgeschickt hat, die mit dem Krankenkassenvorgang nichts zu tun haben und zurückgefordert werden. Nach Ablauf der vorgegebenen Frist werden die Unterlagen, wie die Briefumschläge, datenschutzkonform vernichtet.

All dies gehört zum Teilprozess Scan. Nun liegen die Inhalte in digitaler Form vor – an diesem Punkt allerdings erst als Bilddatei. Bis zur Weiterverarbeitung im Kassensystem sind also weitere Schritte erforderlich.

Schritt 3: Klassifizierung der Dokumente

Während bei einer E-Mail die einzelnen Buchstaben technisch ganz einfach extrahiert werden können, stellt es eine Herausforderung dar, diese aus einem Blatt Papier zu ermitteln. Früher wurden dafür die eingescannten Dokumente mit verschiedenen Verfahren optisch aufgewertet: Schatten wurden reduziert, der Kontrast erhöht und die Ausrichtung optimiert. Anschließend wurden die gescannten Bilddateien per Optical-Character-Recognition (OCR) bearbeitet, um die einzelnen Buchstaben zu erkennen und zu sinnvollen Wörtern in korrekter Reihenfolge zusammen-zusetzen. All dies erfolgte nach komplexen, fest definierten Ausleseregeln. Im Ergebnis kann man an diesem Punkt Folgendes erwarten: Text – ja, Kontext – nein.

Semi-Modern ist es, KI-basierte Intelligent-Character-Recognition (ICR) einzusetzen. Diese Technologie ermöglicht eine Kontextanalyse von Wörtern und Sätzen und korrigiert bei Bedarf die vorliegenden OCR-Ergebnisse. So wird aus einer Null am Anfang eines Wortes ein großes O („OCR“ anstelle von „0CR“) oder aus einer 8, die aufgrund ihrer optischen Ähnlichkeit häufig mit dem B verwechselt wird, der korrekte Buchstabe („Basisleistung“ anstelle von „8asisleistung“). Es findet also eine Bearbeitung mit mehreren Systemen statt (erst OCR, dann ICR).

Tatsächlich zeigt die aktuelle KI-Entwicklung, dass es noch besser geht: Anstatt erst Text zu gewinnen, diesen anschließend zu bereinigen und dann zu interpretieren, nehmen sogenannte DONUT-Modelle das Dokument entgegen und geben direkt die benötigten strukturierten Daten aus. Dabei handelt es sich um große KI-Modelle, die die Funktionalitäten von optischen und Sprachmodellen optimal miteinander verbinden. Mithilfe dieser Modelle, die sozusagen das Beste aus beiden Welten bündeln, lassen sich besonders effizient qualitativ hochwertige Ergebnisse erzielen. Der Weg zum Ziel ist für das einzelne Dokument der KI überlassen. Ähnlich wie Schüler*innen, die auf Basis einer Gliederung selbst einen Aufsatz schreiben. Um für unsere Kunden eine performante Software einsetzen zu können, die genau deren Anforderungen entspricht, haben wir, gemeinsam mit unserem KI-Partner lector.ai, ein DONUT-Modell entwickelt, das für die Erkennung von Buchstaben und die Interpretation der erkannten Inhalte nur noch ein einziges großes KI-Modell einsetzt. Ergebnis: Eingescannte Post rein, Sach- und Personenbezug raus.

Wie das Ganze funktioniert? Die Software trennt die Briefe KI-basiert in einzelne, zuvor definierte Dokumentenklassen, die von Krankenkassen effizient weiterverarbeitet werden können. Ein Brief, der z. B. drei verschiedene Anliegen enthält, wird so automatisiert auf drei Dokumentenklassen aufgeteilt und den Sachbearbeitenden zur Verfügung gestellt. Der Inhalt zu allen drei Anliegen kann damit parallel und nicht erst nacheinander bearbeitet werden.

Diesen Teilprozess nennen wir Klassifizierung. Er bildet die Grundlage dafür, dass eine Krankenkasse themenbezogen arbeiten und priorisieren kann.

Schritt 4: Verifizieren von Dokumenten

Die Zuordnung des jeweiligen Dokuments zu Partnern der Krankenkasse, z. B. Versicherten, Arbeitgebern oder Leistungserbringern, führt zu einer vollständigen Historie von Dokumenten im Kontext des jeweiligen Partners. So ist die gesamte Postkommunikation zu einem Versicherten im digitalen Kassenarchiv aufrufbar. Die Zuordnung erfolgt unter Berücksichtigung der Bestandsdaten der jeweiligen Krankenkasse. Die ausgelesenen Informationen der KI werden auf Plausibilität geprüft und automatisiert zugeordnet.

Diesen Schritt bezeichnen wir als Verifikation. Spezifische Modelle für die Erkennung von weiteren fachlichen Information sind dann der Motor für eine breite Prozessautomatisierung.

Fazit

Noch immer geht ein großer Anteil der Versichertenanliegen klassisch per Post bei den Krankenkassen ein. Dies stellt insofern eine Herausforderung dar, als dass die digitale Weiterverarbeitung von klassischer Eingangspost in der Krankenkasse erst nach mehreren aufwändigen Prozessschritten möglich ist.

In Zeiten des Fachkräftemangels und zunehmender Anforderungen der Versicherten im Hinblick auf die zeitnahe Bearbeitung ihrer individuellen Anliegen, müssen Krankenkassen sich mit der Frage auseinandersetzen, wie sie ihre qualifizierten Mitarbeitenden von Routineaufgaben entlasten können.

Eine Möglichkeit, Sachbearbeitenden zeitliche Freiräume zu schaffen, liegt in der Massenverarbeitung der Eingangspost. Die eingesparte Zeit kann durch die Mitarbeitenden dann effizient für den Kundenservice genutzt werden.

Und das ist der Grund, warum in meinen Augen die Eingangspostdigitalisierung für eine Krankenkasse unabdingbar ist.

 

Jan Kekeritz

Tel.: 0511-27071-261
Jan.Kekeritz@itsc.de

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Ich freue mich auf Ihr Feedback und den Austausch mit Ihnen rund um die digitalisierte Dokumentenverarbeitung.